Durch die Sprache die Welt entdecken - Schreibwerkstatt in den Osterferien in der Marquardschule
Durch Sprache die Welt entdecken - Schreibwerkstatt der AWO-Stiftung-Lichtblicke in der Marquard Schule
Fulda (mb). Wie bekommt man Kinder dazu freiwillig in den Ferien in die Schule zu gehen? Man bietet eine Schreibwerkstatt an. Das klingt wie ein frommer Wunsch, hat in der Marquardschule aber funktioniert. Fast alle Kinder der Klassen 2 und 3, die angesprochen wurden, haben an dem 3-tägigen Workshop in den Osterferien teilgenommen und nicht nur das: Sie waren mit Feuereifer dabei und hatten viel Spaß. Das konnte man selbst ein paar Wochen danach noch bei dem Pressetermin am Donnerstag sehen.
Fotos: Katharina Weber & Marianne BlumInsgesamt 13 Kinder, 9 Mädchen und 4 Jungen haben mitgemacht. Sie stammen aus der Türkei, Russland und der Ukraine und haben Deutsch bestenfalls als 2. Muttersprache. Das war auch der Grund, warum der Schulleiter der Marquardschule, Christoph Schulte, sich dafür entschieden hatte, die Schreibwerkstatt nicht offen auszuschreiben, sondern über die jeweiligen Klassenlehrer gezielt Kinder mit Migrationshintergrund und Förderbedarf auszuwählen und anzusprechen, ob sie Interesse daran haben, an dem Kurs teilzunehmen. Die Reaktionen waren besser als erwartet.
Nicht nur die angesprochenen Kinder zeigten alle Interesse, auch ihre Eltern waren sofort angetan. Sie fragten nach Beendigung des Projekts sogar nach, wann das nächste stattfindet und ob man so etwas nicht öfter machen könne. Eine gute Voraussetzung für die Zusammenarbeit der Schule mit der Arbeiterwohlfahrt Fulda, wie auch die Geschäftsführerin der AWO Fulda, Edith Becker, findet und sich auf weitere gemeinsame Projekte freut, und Werner Krah, Vorsitzender AWO Fulda, unterstreicht, wie gut gerade dieses Projekt in die Konzeption der AWO passt.
Auf die Idee, eine solche Schreibwerkstatt an seiner Schule anzubieten und damit in Fulda Neuland zu betreten, kam der Schulleiter der Marquardschule durch die Ausschreibung der „AWO-Stiftung-Lichtblicke“. Die 2002 gegründete Stiftung der Arbeiterwohlfahrt Hessen-Nord mit Sitz in Kassel hat sich die Förderung von 3 Stiftungsprojekten zum Ziel gesetzt: Die Unterstützung von Menschen, die einen an Demenz erkrankten Angehörigen betreuen, die Förderung von Schulkindern, die aufgrund ihrer Herkunft schlechtere Zugangschancen zu Bildung haben und ein präventives Lern- und Spielprogramm für Kleinkinder und deren Eltern.
Die Schreibwerkstatt nimmt in diesem Portfolio einen speziellen Platz ein, denn bei diesem Angebot geht es nicht um die Rechtschreibförderung, da dies zum Pflichtkanon der Schulen gehört, sondern es geht um die Überwindung der Scheu, sich in der deutschen Sprache auszudrücken. Die Lust am Lesen und Schreiben soll geweckt werden, denn nur wenn die Begeisterung der Kinder entfacht wird, führt dies auch zu einem nachhaltigen Interesse und damit fast zwangsläufig zu einem souveräneren Umgang mit der Sprache, die wiederum den Grundstein bildet für bessere Schulleistungen. Alfred Hartenbach, 1. Vorsitzender der „AWO-Stiftung-Lichtblicke“ gesteht: „Auch ich mochte als Schüler keine Grammatik. Aber als ich dann anfing Bücher zu lesen - auch solche, für die ich angeblich noch zu klein war - merkte ich, dass man durch die Sprache die Welt entdecken kann.“
Doch wie hilft man den Kindern dabei diese Entdeckung auch für sich zu machen? Wie entfacht man die Begeisterung für die Sprache? Die Workshop-Leiterin, Katharina Weber, Sozialarbeiterin bei der Arbeiterwohlfahrt Fulda, schildert das eigens für dieses Projekt in Fulda von ihr entwickelte Konzept: An den Anfang des Workshops stellte sie eine Geschichte, die nicht nur gut und spannend erzählt ist, sondern auch sehr viel mit dem Leben der Kinder zu tun hat: das Buch „Neben mir ist noch Platz“ von Paul Maar. Die Geschichte handelt von Steffi aus Deutschland und Aischa aus dem Libanon, von ihren unterschiedlichen Kulturen und Erfahrungen, aber auch davon, wie die beiden Mädchen zusammen finden und Freundinnen werden.
Indem die Gruppe diese Geschichte las, kamen bei den Kindern eigene Erfahrungen hoch und sie begannen zu erzählen. Wortspiele und Sprachübungen halfen ihnen dann dabei, ihre Gedanken zu ihrer eigenen Herkunft, ihrer Familie und ihrer neuen Heimat Deutschland nicht nur zu formulieren, sondern auch zu Papier zu bringen. Drei Tage hatten sie dafür Zeit, am Ende wurde zusammen mit den Eltern ein gemeinsames Abschlussessen organisiert, zu dem alle Spezialitäten aus ihren Herkunftsländern beisteuerten und fröhlich gefeiert wurde. Nun sind alle Texte in einem kleinen Buch zusammengefasst und wurden zusammen mit Teilnahmeurkunden und kleinen Leselöwen an die Kinder verliehen.